„Wir sind froh über das Signal aus dem demokratischen Rat“

Claudia Behlau

Das dürfte ein Novum gewesen sein: Am Donnerstag, 28. September, unterbrach der Rat der Stadt Dortmund seine Sitzung, um nahezu geschlossen an einer Demo in der Fußgängerzone teilzunehmen. Dort hatten sich wieder einmal die Nazis versammelt. Sie schrieen etwas über Israel; und um die Pressefreiheit ging es auch. Genaues war glücklicherweise nicht zu hören, da rund 400 Demonstranten - möglicherweise waren es sogar ein paar mehr - sie niederbuhten und niederpfiffen. Darunter waren auch die Linksjugend (Foto), Vertreter der Linken, aber auch Mitglieder ALLER demokratischen Parteien, die im Rat vertreten sind.

Nadja Reigl, stellv. Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN sagte amüsiert, aber durchaus auch erfreut: "Ich glaube, so viele Schlipsträger gab's noch nie auf einer Demo."

Um 20 Uhr ging es dann zurück in den Rat, in dem die Resolution "Für ein tolerantes, vielseitiges und weltoffenes Dortmund - und Solidarität mit den in Dortmund lebenden jüdischen Menschen" veranschiedet wurde.

Mit dieser Resolution verurteilen die Vertreter der demokratischen Parteien übereinstimmend die antisemitischen Äußerungen, die bei der Nazi-Demo in der vergangenen Woche in Dorstfeld und Marten skandiert und mit bedrohlich wirkenden Bengalos auch noch doppeldeutig untermauert wurden.

„Unsere Fraktion trägt diese Resolution im Rat selbstverständlich mit“, sagt Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKEN & PIRATEN. 

„Wir distanzieren uns aufs Schärfste von diesen widerwärtigen Aussagen der Rechtsradikalen. Wir sind froh, dass es ein gemeinsames Signal aus dem Rat – und damit aus dem demokratischen Dortmund – geben wird, mit der wir alle unsere Solidarität gegenüber den jüdischen Mitbürgern aussprechen und andererseits die abscheulichen Vorfälle, die sich ja nicht zum ersten Mal bei einer Nazi-Demo im Dortmunder Westen ereignet haben, missbilligen.“

Es sei wirklich tragisch, wie es einer kleinen Gruppe, ja nur ein paar wenigen Dutzend ewig Gestrigen immer wieder gelänge, in die Welt hinaus den Eindruck zu vermitteln, Dortmund oder gar ganz Deutschland seien rechtsradikal und judenfeindlich.

„Das ist natürlich nicht so. Dortmund ist bunt, und nicht braun“, versichert Utz Kowalewski. Er begrüßt, dass die Polizei die Vorfälle aus Dorstfeld und Marten noch einmal aufarbeiten wird. „Es muss doch möglich sein, den Menschen, die im Umfeld einer solchen Demo wohnen, ein größeres Sicherheitsgefühl zu vermitteln. Auch das ist die Aufgabe der Polizei.“

HIER IST DIE GEMEINSAME RESOLUTION von SPD, CDU, GRÜNEN, LINKEN & PIRATEN, die auch von den restlichen Fraktionen mitgetragen wird:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Fraktionen von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und LINKE/PIRATEN
bitten auf dem Weg der Dringlichkeit um die Aufnahme des o.g. Punktes auf die Tagesordnung und um Abstimmung des folgenden Textes:


Am Freitag der vergangenen Woche zogen Rechtsextreme mit antisemitischen Parolen
unbehelligt durch Dorstfeld und Marten. Vor diesem Hintergrund erklärt der Rat
der Stadt Dortmund:


1. Der Rat verurteilt den antisemitischen Aufmarsch rechtsextremer Gruppen in der
vergangenen Woche. Ratsmitglieder, die an diesem Aufmarsch teilgenommen
haben, stellen sich damit außerhalb des demokratischen Teils des Dortmunder
Rates und der Dortmunder Stadtgesellschaft.

2. Der Rat steht solidarisch an der Seite aller in Dortmund lebenden jüdischen
Menschen. Angriffe in jeglicher Form gegen jüdische Bürger*innen, gegen die jüdische
Kultusgemeinde und ihre Mitglieder sind ein Angriff auf die gesamte
Stadtgesellschaft. Jüdisches Leben und jüdische Kultur sind integrale Bestandteile
eines demokratischen Dortmund.

3. Große Teile der Öffentlichkeit verstehen nicht, dass es der Polizei nicht möglich
war, gegen die offen antisemitischen Parolen vorzugehen und den Aufmarsch zu
beenden. Der Rat begrüßt die Absicht der Polizei, den antisemitischen Aufmarsch
so nachzubereiten, dass daraus mögliche Konsequenzen gezogen werden
können und strafrechtlich verfolgt wird, was verfolgt werden kann.
Die Dringlichkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass der antisemitische Aufmarsch
rechtsextremer Gruppierungen erst nach der Antragsfrist stattfand und eine zeitnahe
und eindeutige Positionierung des Rates geboten ist.